Den Satz „Das ist unverzeihlich“ höre ich in meiner Arbeit häufig von Klienten, wenn sie von erlittenen Demütigungen, Mobbingattacken oder von erlebter Ausgrenzung berichten. Es dauert dann eine Zeitlang, und verschiedene Blickwinkel sind notwendig, bis die Einsicht kommt, dass durch bewusstes Verzeihen die eigene Entwicklung gefördert wird.
Der Prozess des Verzeihens wird vielfach durch eine der folgenden Reaktionen blockiert beziehungsweise verzögert.
In fast allen Klientensitzungen, in denen der Prozess des Verzeihens thematisiert wird, herrscht zu Anfang die Meinung, dass mit dem Verzeihen die Verletzung oder Demütigung akzeptiert wird. Das ist jedoch nicht der Fall. Verzeihen bedeutet nicht automatisch, mit dem Anderen wieder gut zu sein. Auch wenn verziehen wird, kann die Tat als unangemessen, falsch, niederträchtig oder ähnliches bewertet werden. Mit dem Verzeihen entscheidet sich ein Menschen lediglich dazu, nicht länger zuzulassen, dass die Tat sein Leben dauerhaft negativ beeinflusst. Die Tat selbst jedoch wird durch das Verzeihen nicht besser.
Laut Duden leitet sich das Wort verzeihen von dem mittelhochdeutschen verzīhen ab und bedeutet auch: versagen, abschlagen, sich lossagen. Persönlich gefällt mir die Bedeutung „sich lossagen“ gut. Durch die aktive Handlung des sich Lossagens übernehme ich die Verantwortung und bewege mich aus der Opferrolle heraus.
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