Wir befinden uns tagtäglich in Beziehung zu anderen Menschen. Ob das nun am Arbeitsplatz, in der Familie, der Partnerschaft oder in der Freizeit, in Vereinen oder Ehrenämtern ist, diese Beziehungen sind von mehr oder weniger intensiven Interaktionen geprägt.
Die aus diesen Interaktionen resultierenden Wechselwirkungen geben Aufschluss über die aktuellen menschlichen Bedürfnisse in einer bestimmten Situation.
Jeder Mensch hat die Möglichkeit, in den vielfältigen alltäglichen Situationen durch seine Interaktion seine individuellen Grenzen in Bezug auf Nähe und Distanz, beziehungsweise Macht und persönliche Entfaltung zu definieren.
Der argentinische Familientherapeut Salvador Minuchin (13.10.1921-30.10.2017) hatte in seiner strukturellen Familientherapie neben den vorgenannten individuellen Bedürfnissen besonders die Grenzen zwischen den einzelnen Mitgliedern beziehungsweise Gruppen, vorhandene Loyalitäten und Hierarchien innerhalb eines Systems (Familie, Unternehmen, Organisation usw.) und die dadurch entstehende Struktur im Fokus seiner Arbeit.
Grenzen im Kontext Kommunikation beziehungsweise Interaktionen zwischen Menschen unterliegen einigen Besonderheiten.
In einem durch einen Beobachtenden definierten System weisen Grenzen auf Verbindung beziehungsweise Trennung mit Anderen innerhalb und außerhalb des Systems hin.
In Beziehungen sind Grenzen als dynamisch verstehbar. Das bedeutet, Grenzen können kurzfristig überschritten werden.
Dauerhafte Grenzüberschreitungen beziehungsweise –verletzungen lassen Konflikte und Probleme entstehen.
Zwischen den Beteiligten kann es durch eine Grenzverletzung zu
kommen.
Die häufigste Grenzverletzung in Familien, bei Paaren oder auch im beruflichen Alltag ist die Triangulierung.
Hier wird eine dritte Person zu einer Zweierbeziehung hinzugeholt, um einen bestehenden Konflikt zu lösen. Bei Konflikten zwischen Elternteilen ist die dritte Person häufig das Kind.
Bleiben wir bei dem Beispiel Familie.
Jedes Elternteil versucht, das Kind auf seine Seite zu ziehen, wodurch das Gleichgewicht in der Paarbeziehung wieder hergestellt werden soll. Für das Kind entsteht zwangsläufig ein Loyalitätskonflikt, den es in dieser Konstellation nicht lösen kann.
Salvador Minuchin hat in seiner Arbeit unterschiedliche Bereiche und die damit verbundenen Grenzen betrachtet.
Diese Grenzlegung findet auf der individuellen Ebene statt. Jeder Mensch definiert, bewusst oder auch unbewusst, wie er mit sich umgeht oder wie andere mit ihm umgehen dürfen.
Wenn Familien, Organisationen oder Unternehmen als Systeme betrachtet werden, lassen sich innerhalb dieser Systeme Subsysteme finden. Diese können sein
Auch über die Zeit, also wer war zuerst da, können Grenzen entstehen. Als Beispiele lassen sich benennen: Eltern – Kinder und die Dauer der Betriebszugehörigkeit. Nehmen wir aus Sicht der Kinder auch die Großeltern mit in die Betrachtung, können wir auch von einer Mehrgenerationengrenze sprechen.
Auch das Geschlecht kann als Grenze betrachtet werden, wobei wir uns gesellschaftlich aktuell hier in einer Diskussion befinden, die um 1914 von Magnus Hirschfeld bereits angestoßen wurde. Danach ist männlich und weiblich kein Entweder-oder sondern ein Sowohl-als-auch in unterschiedlichen Mischungsverhältnissen.
Durch Umweltgrenzen definieren sich soziale Gruppierungen nach außen hin.
Manchmal ist es gut, sich gezielt und bewusst abzugrenzen. Und manchmal ist es gut, Grenzen dynamisch und flexibel zu gestalten.
Ich wünsche Ihnen/dir eine gute Zeit
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