Der Begriff „Perfektion“ hat laut Duden die Bedeutung „Vollkommenheit – etwas, das nicht mehr verbessert werden kann“.
Durch die industrielle Revolution hat sich im Laufe der Zeit in den westlichen Kulturen das Streben nach Perfektion ausgeprägt. In unseren täglichen Aktivitäten versuchen wir, unsere Sache besser als gut, also „perfekt“ zu machen.
In der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts führte dies dazu, dass der (selbst) auferlegte Leistungsdruck für einige Menschen so groß wurde, dass der einzige Ausweg der Schritt in die Krankheit war. Die Fälle von psychosomatischen Krankheiten, Depressionen und anderen Krankheitsbildern nahm zu.
1978 hat der amerikanische Psychologe Don E. Hamachek die ersten Untersuchungen zu dem Thema Perfektionismus durchgeführt. Er kam zu dem Ergebnis, dass es eine funktionale und eine dysfunktionale Ebene gibt, die den Menschen auf unterschiedliche Weise beeinflussen.
In den 1980er Jahren wurde der Perfektionismus ausschließlich als neurotische und dysfunktionale Störung betrachtet. In klinischen Studien mit einem eindimensionalen Perfektions-Modell stellte man eine Korrelation zwischen einem erhöhten Perfektionswert und den Krankheitsbildern Depression, Stress und Essstörungen fest.
In Studien mit nichtklinischen Probanden wurden ähnliche Beobachtungen gemacht. Bei einem erhöhten Perfektionismuswert wurden Stress, depressive Symptome, Ängstlichkeit und gestörtes Essverhalten beobachtet.
Im Jahr 1990 führten Randy O. Frost und sein Team weitere Untersuchungen zu dem Thema Perfektionismus durch. Losgelöst von diesen Untersuchungen starteten 1991 Paul L. Hewitt und Gorden L. Flett eigene Forschungen zum Perfektionismus in der Gesellschaft.
Beide Forscherteams fanden unabhängig voneinander heraus, dass Perfektionismus multidimensional ist.
Das Modell von Randy O. Frost umfasst Kriterien wie hohe Standards, ausgeprägte Werteordnung, Organisiertheit, den Versuch, Fehler zu vermeiden und Unentschlossenheit. Einen großen Wert legt das Modell auf die vergangenen und die aktuellen Bewertungen durch die Eltern.
Die Aussage des Modells von Paul L. Hewitt und Gorden L. Flett befasst sich mit der Wahrnehmung des Einzelnen und seines Perfektionismus. Hier geht es um hohe Standards die selbst auferlegt werden, hohe Standards, die von anderen auferlegt werden und hohe Standards, die an andere gerichtet werden.
Aus heutiger Betrachtungsweise ist Perfektionismus in zwei Ebenen eingeteilt.
Die Ebene des perfektionistischen Strebens und die Ebene der perfektionistischen Besorgnis.
Ein Mensch, der im perfektionistischen Streben agiert, ist temporär perfekt. Er weiß, in welchem Bereich und zu welchem Zeitpunkt es darauf ankommt, seine volle Leistung zu geben und wo, beziehungsweise wann es vernünftig und gesund ist, sich zurückzunehmen.
Des Weiteren kennt er seine Grenzen und weiß, in welchen Situationen externe Hilfe zielführend ist. Auf der Ebene des perfektionistischen Strebens bewegt sich der temporäre Perfektionist also in den Dimensionen
Dieser Bereich des Perfektionismus wird auch oft als funktionaler Perfektionismus bezeichnet und ist für eine Zieldefinition und die Zielerreichung wichtig.
Die Ebene der perfektionistischen Besorgnis umfasst die Elemente
Bewegt sich ein Perfektionist auf dieser Ebene, vergleicht er sich mit anderen und stellt seine eigenen Leistungen ständig in Frage. Es geht ihm um Anerkennung aus seinem Umfeld, die er durch seine Leistungen erhalten möchte.
Durch diese Abhängigkeit von anderen überschreitet er regelmäßig seine Leistungsgrenzen und ist anfällig für Fehler und Kritik. Dieser Anfälligkeit folgen nach einer gewissen Zeit in der Regel psychosomatische Störungen wie zum Beispiel Depressionen, Angst-, Panik-, Schlafstörungen und weitere.
Perfektion bedeutet Vollkommenheit. Es ist also etwas, das nicht mehr verbessert werden kann. Und dennoch wird es immer wieder erfolglos versucht. Wer sich auf der Ebene des perfektionistischen Strebens bewegt weiß, dass es ihm zeitweise gelingt, in einem Lebensbereich zu einem bestimmten Zeitpunkt perfekt zu handeln. Jedoch in dem Glauben zu leben, über alle Lebensbereiche und zu jedem Zeitpunkt einhundert Prozent zu geben, ist unmöglich. Das übersteigt die menschliche Leistungsfähigkeit.
Macht sich ein Perfektionist von dem Lob und der Anerkennung für seine Leistungen von anderen abhängig, hat das gravierende Folgen für ihn.
Zum Leben und der eigenen Entwicklung benötigt ein Mensch Risikobereitschaft und Mut. Ohne diese beiden Attribute gäbe es keine Entwicklung und keinen Fortschritt. Durch die vorgenannten Attribute ist ein Mensch in der Lage, situativ eine gute Leistung zu erzielen. Ständiges Hadern mit Entscheidungen oder sogar eine Handlungsverweigerung aus Angst vor Fehlern sorgen dagegen für Stillstand und Unzufriedenheit.
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